zwischen_station berlin
Partizipation temporärer Bewohner_innen zwischen Tourismushass und Prekarisierung. Befragung / Intervention bei den 48h Neukölln (27.06. – 29.06.14). Kooperationsprojekt von Kritische Geographie Berlin e.V. / Metrozones e.V. / INURA Berlin. Neukölln dient schon seit Längerem weit über den Bezirk und Berlin hinaus als Projektionsfläche für ganz unterschiedliche Debatten und Vorstellungen von Stadt, die zum Teil medienwirksam in Szene gesetzt werden und ihre eigene Wirkmächtigkeit entfalten. Lange Zeit waren die negativen Bilder – hässliche und dunkle Schmuddelecke, Ort von (Jugend-)Gewalt, Verwahrlosung und Hartz-IV, Symbol der gescheiterten Integration von Migrant/innen – so dominant, dass andere Lebensrealitäten und –entwürfe kaum mehr wahrgenommen wurden. Auch heute, wo der Bezirk fast schon weltweit als neuer „Abenteuerspielplatz der internationalen Bohème“ gefeiert wird, wo neben „Selbstentfaltung und Schöngeist“ (airbnb) auch endlich ein frischer Unternehmergeist seine positive Wirkung entfalten könne, gehen viele Stimmen und Perspektiven der hierher Gezogenen und hier Lebenden verloren. Nicht wenige, die nicht in das Bild der jungen und tatkräftigen Kreativen zählen, die in den letzten Jahren angeblich den „Aufstieg“ Neuköllns vorangetrieben und den Bezirk erst interessant lebenswert gemacht haben, fühlen sich durch den allgemeinen Hype um Neukölln übergangen und manchmal sogar an den Rand gedrängt. Andere wiederum, die in den vergangenen Jahren zum Teil im Zuge der weltweiten Krise, zum Teil aufgrund der extrem hohen Lebenskosten in anderen Ländern/Städten in Neukölln einen neuen Wohn- und Arbeitsort gefunden haben, fühlen sich ausgegrenzt und ungerecht behandelt, weil sie häufig mit steigenden Mieten und Verdrängung in Verbindung gebracht werden. Dies ist die Grundlage für ein allgemeines Misstrauen, neue Zuschreibungen, Polemiken und Ressentiments, die dazu führen, dass viel über Neukölln geschrieben und geredet wird, es aber wenig Austausch zwischen den verschiedenen hier lebenden Menschen/Gruppen/Communities gibt. Der zuletzt erfolgte internationale Zuzug nach Neukölln ist eine Form von Migration, die mit den oft herangezogene Schubladen „Hipster“ oder „Touristen“ nur ungenau begriffen wird. Vor allem verhindern die negativ konnotierten Zuschreibungen die Entwicklung gemeinsamer Perspektiven und die gemeinsame Gestaltung der Stadt durch die hier lebenden Menschen. Für eine breit getragene partizipative Stadtpolitik stellt sich zunehmend die Frage nach dem Einbezug und dem Austausch mit temporären Resident/_innen_ jenseits pauschalisierter Ressentiments. Diesen Austausch möchten wir mit einer Intervention während des Kulturfestivals 48h Neukölln und einer anschließenden Abendveranstaltung voranbringen. |